Entkommen [21.11.14] by Amber Lynn Natusch

Entkommen [21.11.14] by Amber Lynn Natusch

Autor:Amber Lynn Natusch [Natusch, Amber Lynn]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
Herausgeber: AmazonCrossing
veröffentlicht: 2014-10-20T22:00:00+00:00


21. KAPITEL

Meine Augen brannten höllisch und sie wurden nicht mehr von Tränen gekühlt. Mit dem Weinen war ich durch und ich war danach direkt in eine so tiefe Trauer verfallen, dass diese mich taub machte. Ich blieb da, wo ich lag, und sann über das nach, was sich gerade ereignet hatte. Der Verlust einer Beziehung, wie seltsam auch immer sie gewesen war, schnürte mir die Kehle zu. Ich hatte in meinem Leben so wenige gehabt, dass ich sie nicht vergeuden durfte.

Ich wurde zu Hause unterrichtet und tat außer dem faktisch nichts. Meine Eltern überwachten alles, was ich unternahm, und ermutigten mich nie wirklich, Freundschaften zu schließen. Ich würde sagen, dass ich immer Bekanntschaften hatte, aber nie jemanden, der mir näherstand. Ich hatte nie Gäste über Nacht, ging nie ins Kino, blieb nie die ganze Nacht wach, um am Telefon über Jungs zu reden, und verabredete mich nie.

Als Studentin am Darthmouth-College lebte ich bei meinen Eltern. Außer meinen Klassenkameraden kannte ich wirklich niemanden auf dem Campus, und ich tat keine der typischen College-Sachen, wie sich bis zum Umfallen betrinken, nur um am nächsten Morgen in denselben Klamotten wie am Vortag reumütig über den Campus zu schlurfen, oder um vier Uhr morgens Pizza essen, nur weil man es kann, oder die Toilette von jemand anderem mit Klarsichtfolie umwickeln. Es kam mir immer merkwürdig vor, weil sie mich bereitwillig rund um die Erde mitnahmen, damit ich alles, wie sie sagten, »sehen« konnte, mich aber zugleich kein normales Leben führen ließen, wenn ich zu Hause war. Ich versäumte die Dinge, die einer Person helfen, ihren Sinn für sich selbst und ihren Platz in der Welt zu entwickeln. Keine noch so lange Shoppingtour in Paris konnte das wettmachen.

Verabredungen mit Jungen waren nie ein Problem. Solange ich ein Teenager war, hätten meine Eltern mir das nicht erlaubt, und, offen gesagt, es war ein Tabu. Es gab auch nicht wirklich ein Gedränge von Jungs, die vor unserem Haus darauf warteten, mich zum Ausgehen einzuladen. Bis zum College hatte ich auch eigentlich kein großes Interesse am anderen Geschlecht. Jedenfalls, als ich dort war, schien es nicht so zu sein, dass sich zu viele auf die Gelegenheit stürzten, mit dem blinden Mädchen auszugehen. Es war schwer zu wissen, wie man dazupasste, wenn so vieles an der sozialen Interaktion mit den visuellen Reizen zusammenhing: wie du dich anziehst, wie du aussiehst, deine Haare, dein Make-up, deine Allüren und dein Ausdruck, das alles erzählte stumm Bände über dich. Ich konnte nie wissen, wie ich aussah, denn meine Mutter brachte mich angeblich immer zu den allerbesten Geschäften und bat das netteste Mädchen, mich einzukleiden. Ich wusste nie, wie ich aussah, denn meine Eltern versicherten mir ständig, dass ich gut aussah. Sie waren keine besonders große Hilfe.

Das erste und einzige Mal, dass ich den Versuch unternahm, mich zu verabreden, war in meinem zweiten Jahr am College, als ich einen Typen in meinem Kurs für organische Chemie kennenlernte. Ich saß in der hinteren Reihe und versuchte verzweifelt, etwas von dem zu verstehen, was der Lehrer über die Fischer-Projektionen erzählte.



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